Angelglück
Von Lanzarote segelte ich an die Nordküste Teneriffas, um meine Freundin Jonna zu besuchen. Die Überfahrt war traumhaft, GITANA gleitete mit ihrem nun sauberen Rumpf um einiges schneller dahin als zuvor. Da es sehr ruhig war, entschloss ich mich, die Angelschnur rauszulassen. Ich muss mir immer gut überlegen, ob ich wirklich einen Fisch fangen will, denn wenn es sehr schaukelig ist und etwas Großes anbeißt, dann möchte es ja auch irgendwie ins Boot befördert werden.
Ich erwartete nicht wirklich, etwas zu fangen und entspannte beim sanften Schaukeln des Bootes in der Sonne. Keine halbe Stunde später schlug plötzlich die leere Getränkedose an die Süllkante: Fischalaaaarm! Wie aufregend, mein erster, ganz allein gefangener Fisch! Ein schöner Mahi-Mahi, genau die richtige Größe für mich und dadurch auch leicht ins Boot zu holen. Das Filetieren klappte ebenfalls schon viel besser als beim letzten Mal. Lecker, Atlantiksegeln gefällt mir!
Ein Wiedersehen mit Freunden
Am folgenden Nachmittag erreichte ich Garachico im Norden der Insel Teneriffa. Jonna und Daniel waren mit den Kindern zum Hafen gekommen und nahmen meine Leinen an. Vor fünf Jahren hatte ich auf Sal/Kapverden auf Jonna und ihre TANGAROA gewartet, sie ist damals ebenfalls Einhand gesegelt und kam gerade von den Kanaren. Einen Monat lang passte ich damals auf die TANGI auf, während sie nicht da war. In dieser Zeit fiel bei mir die Entscheidung, dass ich auf jeden Fall ein Boot brauche und dass ich dieses, wie Jonna auch, Einhand segeln werde, wenn es anders nicht geht. Nun endlich lagen die TANGAROA und GITANA (fast) nebeneinander in einer Marina.
Wir hatten uns im Winter bereits auf Teneriffa getroffen, Jonna hatte damals gerade ein Stück Land erworben mit einem kleinen, renovierungsbedürftigen Häuschen und möchte sich hier eine Finca aufbauen. Seitdem ist einiges passiert und ich verbrachte viel Zeit hier oben, wo man so einen traumhaften Blick aufs Meer hat und nachts auf den Sternenhimmel.
Ganz in der Nähe von Garachico befindet sich die kleine Stadt Icod de los Vinos. Hier steht der älteste Drachenbaum der Welt. Man schätzt, dass er zwischen 300 und 800 Jahre alt ist. Drachenbäume teilen sich nur, wenn sie blühen – und das tun sie nur alle 15 Jahre. Aus einem Kopf entstehen dann zwei neue. Es ist aber nicht gesagt, dass sie sich bei jeder Blüte teilen.
Eine Sache wollte ich noch erledigen, während das Boot im Hafen liegt: Ich hatte gesehen, dass in meinem Dieseltank schon wieder Dreck war. Der Tank wurde vor zwei Jahren professionell von der Dieselpest gereinigt und ich möchte unter allen Umständen vermeiden, dass sich wieder eine schwarze Schmiere dort bildet, die mir im schlimmsten Fall die Dieselleitung blockieren kann.
Da ich gerade neue Dieselkanister gekauft hatte, nutzte ich die Gunst der Stunde und pumpte den Tankinhalt in die Kanister. Anschließend reinigte ich den Tank so gut es ging mit einem sauberen Lappen und ließ den Diesel durch einen Filter zurück in den Tank laufen. Im gleichen Atemzug wechselte ich die beiden Dieselfilter, der Vorfilter war auch schon wieder schwarz.
Wanderung auf den Pico del Teide
Seit meiner Zeit auf Teneriffa im Dezember hatte ich ein Ziel vor Augen: ich wollte den Pico del Teide besteigen. Mit seinen 3715 Metern ist er der höchste Berg Spaniens. Für die letzten Meter auf den Gipfel braucht man eine Genehmigung, die allerdings immer Monate im Voraus ausgebucht ist. Die Alternative: man macht den Aufstieg nachts, ist zum Sonnenaufgang oben und vor 9 Uhr wieder vom Gipfel runter, denn ab 9 Uhr wird die Genehmigung kontrolliert.
Nach zwei Stunden Schlaf startete ich mit dem Auto um 1h nachts in Richtung Teide. Eineinhalb Stunden dauerte die Fahrt. Um halb drei erreichte ich den (relativ kleinen) Parkplatz, der allerdings schon voll war. Gut, dann bin ich ja nicht alleine unterwegs. Ein Stückchen weiter gab es glücklicherweise noch einen Parkplatz.
Das erste Stück des Weges war relativ breit und ich hatte an meiner Stirnlampe nur das Rotlicht angeschaltet. So war ich in der Lage, neben dem Nötigsten des Weges auch die Sterne zu sehen und vor allem die vielen Sternschnuppen. Eine wunderschöne Nacht und ein so toller Sternenhimmel, wie man ihn sonst nur draußen auf dem Ozean sieht.
Irgendwann wurde die Strecke allerdings steiler und steiniger, ich musste das weiße Licht anmachen, um zu sehen, wo ich hinlief. Knapp viereinhalb Stunden ging es stetig bergauf, 1300 Höhenmeter. Vor mir am Berg sah ich irgendwo die Lichter der anderen Stirnlampen, hinter mir auch. Und doch lief ich ganz alleine diesen riesigen Berg hinauf. Die Beine wurden schwerer und schwerer, die Luft wurde dünner. Die letzten Meter vor dem Gipfel zogen sich, ich musste alle paar Schritte eine kleine Verschnaufpause machen.
Und irgendwann kam ich oben an. Ich war die zweite von vielleicht 20 Menschen, die nach und nach den Gipfel erreichten. Bis zum Sonnenaufgang mussten wir noch eine halbe Stunde warten, es wehte ein eisiger Wind. Ich suchte mir einen Platz im Windschatten und trotzdem (und trotz meiner Handschuhe) waren meine Finger eiskalt. Da half kein Händereiben, kein Hände-in-die-Hosentasche-stecken, nichts. Dafür entlohnte kurz darauf der Sonnenaufgang. Es war zwar etwas wolkig und der Dunst des Calima (Wüstenwind) hing noch über der Insel, doch das war egal. Alle waren happy, es bis hierhin geschafft zu haben und dieses einmalige Erlebnis teilen zu dürfen.
Auf dem Rückweg vom Gipfel kam ich an einer Felsspalte vorbei, aus der heißer Schwefeldampf kam. Hier konnte ich endlich meine Hände auftauen und innerhalb kürzester Zeit hatte ich wieder Gefühl in den Fingern!
Da ich ja nun nichts von der Umgebung gesehen hatte, entschloss ich mich, den Abstieg auch wieder zu Fuß zu bewältigen-statt mit der Seilbahn. Das war es auf jeden Fall wert, die Landschaft ist einzigartig und wunderschön. Ich bewunderte die vielen Farben des Vulkans und die Besonderheiten, wie zum Beispiel die Eier des Teide, die überall herumliegen. Es handelt sich hierbei um Lavakugeln, die auf der fließenden Lava ähnlich wie ein Schneeball entstehen und irgendwo liegenbleiben.
Erschöpft und sehr glücklich erreichte ich am Nachmittag mein Zuhause, verabschiedete mich von Jonna, Daniel und den Kindern und nahm am nächsten Morgen Kurs auf die nächste Insel: La Palma.
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